Pressemitteilung Nr. 39:
Wider einer Verschwörungstheorie

Lassen Sie mich zu Beginn etwas klarstellen:

Der Gemeinderat besteht aus 20 + 1 stimmberechtigten Personen. Jede davon hat einen unterschiedlichen Hintergrund, aus dem heraus Entscheidungen getroffen werden. Manchmal stimmen wir darin überein, manchmal nicht, und es kommt auch vor, dass sie uns vollkommen unverständlich erscheinen. Ganz entscheidend sollte bei unserer Zusammenarbeit immer der gegenseitige Respekt sein. Jedem Mitglied des Gemeinderats müssen wir das ernsthafte Bemühen unterstellen, jederzeit und nach reiflicher Überlegung die aus seiner Sicht bestmögliche Entscheidung zu treffen. Andernfalls haben wir bei unserer Zusammenarbeit ein sehr ernstes Problem.

Neben den auf dieser Grundlage entstehenden persönlichen Entscheidungen braucht es allerdings zur politischen Umsetzung einen mehrheitsfähigen Konsens. Leider ist das nur in wenigen Fällen eine Lösung, die der einzelne als optimal empfindet und uneingeschränkt unterstützt – Abstriche und Kompromisse sind unvermeidlich.

Damit kommen wir zu der seit Monaten andauernden und mühsamen Debatte über die Unterbringung von Flüchtlingen in Pullach. Das Drehbuch und die Rahmenbedingungen dazu sind hinlänglich bekannt – darum nur ein paar Stichworte.

Den wenigen verfügbaren Flächen in Pullach steht eine Quote von unterzubringenden Personen gegenüber, die offensichtlich keine Mitsprache vorsieht. Leider kann man zu jedem dieser Grundstücke ausreichend stichhaltige Argumente anführen, die jeweils schwerwiegend gegen eine in diesem Kontext spezielle Nutzung sprechen. Entweder sind die Objekte essenziell für die Ortsentwicklung (OEP) oder sie sind kurzfristig nicht verfügbar oder die Lage ist in vielerlei Hinsicht für die eine oder andere Seite unzumutbar oder Umweltverordnungen oder andere Vereinbarungen sprechen dagegen.

Gerade letzteres sorgt für viel Unverständnis. Sicher, die rechtliche Lage z.B. auf der Grundelbergwiese ist unstrittig. Wir sollten aber bedenken, dass jedes Recht vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen seiner Entstehungszeit und damit in bestimmter Absicht geschaffen wurde. Eine Neubewertung darüber, wie jetzt aktuell damit zu verfahren ist, erscheint sehr sinnvoll.

Die Gemeinderatssitzungen der letzten Monate, bei denen das Unterbringungsthema behandelt wurde, liefen immer nach dem gleichen Schema ab. Es kam ein Vorschlag auf den Tisch, der dann mit den oben geschilderten berechtigten Gegenargumenten und Bedenken diskutiert wurde. Da sich so keine Mehrheiten fanden, stand am Ende jedes Mal entweder eine Ablehnung oder bestenfalls eine Vertagung. Auch die anschließende Rollenverteilung zwischen Gut und Böse war immer schnell gefunden. Alles zwar sehr emotional aber wenig zielführend. Was allerdings damit erreicht wurde, war eine nicht hilfreiche Verunsicherung und zum Teil negative Emotionalisierung der Pullacher Bevölkerung.

Der Kulminationspunkt wurde dann in der doch sehr konkreten Androhung einer erneuten Belegung der Turnhalle zur Notunterbringung von Flüchtlingen erreicht. Die offiziellen Äußerungen dazu, dass wir unsere Quote erfüllen müssen, dass wir unserer Verantwortung gegenüber den Menschen in Not gerecht werden müssen und dass wir rechtlich ohnehin nichts dagegen machen können, waren aus unserer Sicht für die Akzeptanz bei der Pullacher Bevölkerung in dieser Form eher kontraproduktiv.

Vor diesem Hintergrund wurde die Sondersitzung beantragt. Nach Durchsicht der Grundstücksvorschlagsliste in den Sitzungsunterlagen war absehbar, dass sich der Verlauf auch dieser Sitzung von den vorhergehenden nicht unterscheiden würde. Das wollten wir so nicht erneut mitmachen, sondern im Sinne der Sache eine Entscheidung herbeiführen.

Also trafen sich am Abend vor der Gemeinderatssitzung Entscheidungsträger von WIP, CSU und FDP zu einer gemeinsamen „Fraktionssitzung“.
Alle Vorschläge und Möglichkeiten aus der Vorschlagsliste der Gemeindeverwaltung vom 12.01.2016 kamen auf den Tisch und wurden zusammen mit den Ergebnissen der Bürgerbefragung diskutiert.
Es kann keine Rede davon sein, dass wir es uns in irgendeiner Form leicht gemacht hätten, alle Für und Wider wurden sorgfältig abgewogen.
Am Ende ist es uns gelungen, mit den Grundstücken am Grundelberg und an der Margarethen- und Heilmannstraße einen Kompromiss zu finden, mit dem aus unserer Sicht alle in Pullach leben können und der insbesondere eine tragfähige Mehrheit im Gemeinderat hatte. Am Dienstagvormittag wurde alles zu Papier gebracht, am Nachmittag finalisiert und solchermaßen noch druckfrisch in der abendlichen Sitzung dargestellt.

Natürlich können wir das Unbehagen der GRÜNEN und der SPD darüber nachvollziehen, wie dieser Vorschlag zustande gekommen ist.
Letztlich ist aber ausschlaggebend, dass es eine Mehrheit im Gemeinderat für diesen Kompromiss gibt, der absolut demokratisch entstanden und legitimiert ist.

Ob es die optimale Entscheidung war, wird die Zukunft aufweisen.
Zu diesem Zeitpunkt aber ist es die beste aller möglichen Entscheidungen, und das Wichtigste, es ist eine Entscheidung!

Johannes Schuster
Im Namen der WIP-Fraktion